Wald in Russland
Unberührte Wälder in den Weiten eines riesigen Landes, in denen Wölfe, Bären und andere wilde Tiere sich nach Einbruch der Dämmerung gute Nacht sagen. Romantische Mythik, unendliche Wildnis, so stellt sich der ein oder andere vielleicht die letzten borealen Urwälder Europas vor. Doch die Realitaet sieht anders aus.
Von einer Quelle zur anderen ändern sich zwar die Waldflächen und die Einschlaggebiete durch die Holzindustrie.
Doch Fakt ist, dass sich ein Fünftel der weltweiten Wälder in Russland befinden. Damit ist die Russische Föderation die Nation, auf der sich der größte Teil der weltweiten Wälder befindet, gefolgt von Brasilien, Kanada und den USA. Zur Vorstellung dieser Dimensionen genügt ein Blick auf die Weltkarte: http://www.forestforum.ru/info/pictures/mapifl_rus_preview.pdf .
Insgesamt wird in Russland eine Fläche von 838 Millionen Hektar mit Wald bedeckt. Davon befinden sich 26% im europäischen Teil. Der Waldbestand gehört rechtlich der Regierung. Im sogenannten “forest fund” befindet sich 95% der Waldfläche der Russischen Föderation. Wälder, die sich nicht in diesem Fund befinden, gehört den Gemeinden oder militärischen Einrichtungen. Für einen bestimmten Zeitraum, bis zu 49 Jahren, können private Unternehmen den dem Staat gehörenden Wald pachten. Somit werden jenen die Rechte für die Abholzung der Bäume, Jagdrechte und jegliche Rechte für die Verwendung anderer Produkte der Wälder übertragen.
Russische Behörden wollen den Export vermindern und die Holzverarbeitung im eigenen Land verbessern. Außerdem hat die Russische Föderation seine Gesetzgebung bezüglich des Waldes geändert um die Verantwortung und Rechte zwischen Staat (Besitzer der Wälder) und privaten Unternehmen (Pächter der Wälder) sowie zwischen Föderation und regionaler Ebene überschaulicher zu gestalten.
Republik Karelien
Einleitung
In der russischen Republik Karelien befinden sich die letzten borealen Urwälder Europas. Jenes Land der Wälder, Berge und Seen erstreckt sich 180 Tausend Quadratkilometer im Nordwesten Russlands. Der Nordwesten Russlands spielt eine Schlüsselrolle im russischen Forstsektor. Mehr als 49 Prozent der Republik Karelien ist mit Wald bedeckt. Es dominieren Fichten, Kiefern, Birken sowie Espen. 45 Prozent der Waldfläche ist verpachtet. Einen Überblicküber die intakten Urwaldgebiete bietet die folgende Karte: http://www.forestforum.ru/info/pictures/map2.pdf .
Es handelt sich um die letzten borealen Urwälder, wenn jene sehr alten Wälder durch komplexe, einzigartige Ökosysteme mit geringen Spuren menschlichen Einflusses und einer hohen Artenvielfalt gekennzeichnet sind. Dabei spielt ihre Größe- mindestens eine Fläche von 50 000 Hektar- eine entscheidende Rolle. Nur in solch großen Gebieten können Arten, von denen viele auf der regionalen, nationalen oder internationalen Roten Liste stehen, überleben. Nur hier findet man einen solch großen und komplexen Artenreichtum. Einen Überblick über die Größe dieser alten Wälder sowie über die Einstufung der Gebiete liefert die folgende aktuelle Karte: http://www.hcvf.net/eng/karelia/. Hieran arbeiteten sowohl russische als auch internationale Umweltschutzorganisationen. Weiterhin veranschaulichend ist die Internetseite: http://gis.transparentworld.ru/en/karelia/ zu empfehlen.
Ausbeutung der Wälder
Die borealen Wälder werden immer mehr durch moderne Land- und Waldnutzung, legale und illegale Rodungen für Siedlungs- oder Straßenbau und Raubbau der Holzindustrie direkt oder indirekt aufgesplittet. Feuer hinterlassen schwarze Flecken auf der Landkarte. Es gibt keine Gebiete mehr, die sich vollkommen menschlichen Einflusses entziehen konnten. Es fehlt jegliche nachhaltige Forstwirtschaft. Intakte Wälder werden immer seltener. Mit dem Verlust der Wälder schwindet auch die einzigartige Artenvielfalt.
Nach einer jahrzehntelangen Ausbeutung der Wälder im vorigen Jahrhundert bestehen karelische Wälder heutzutage zu 40% aus jungen Bäumen, 20% aus Bäumen mittleren Alters. Die auf dem restlichen Gebiet befindlichen Urwälder, die ein Teil des Weltnaturerbes darstellen und in denen sich viele Arten der Roten Liste befinden, können jeden Tag dem modernen Raubbau, der die Zerstörung der Ökosysteme zur Folge hat, zum Opfer fallen.
Naturschutz in der Republik Karelien
Nach Expertenmeinung werden mindestens 10-15 % der Wälder als Naturschutzgebiete benötigt um die hohe Artenvielfalt zu erhalten. Doch nur auf 5,6 Prozent der gesamten Fläche der Republik Karelien ist der Naturschutz anerkannt, wobei jener den Gebieten entsprechend einem unterschiedlichen Regelwerk unterliegt. Davon stehen lediglich 2,4 Prozent unter strengem Naturschutz.
Wissenschaftliche Arbeiten zu borealen Wäldern sowie die Erforschung der Umwandlung borealer Wälder in Sekundärwälder und dessen Folgen befinden sich noch in den Kinderschuhen. Die Entscheidungen müssen letztlich auf ökologischer, sozialer sowie ökonomischer Ebene gefällt werden.
Es gibt Pläne für die Errichtung von Naturschutzgebieten ähnlich denen in Westeuropa. Doch diese liegen noch immer in den Schubläden der städtischen und regionalen Behörden. Sie stehen zur Ausführung bereit, jedoch erfolgte bis jetzt keine Umsetzung.
Regierung, Holz-und Papierindustrie sowie die Zivilgesellschaft müssen zusammen arbeiten, sodass eine nachhaltige Forstwirtschaft und der Verzicht auf illegalen Kahlschlag erreicht wird.
“Das karelische Forstwirtschaftskomitee vertritt die Ansicht, dass soziale, ökologische und geistige Werte der Wälder einen meit aus höheren Wert besitzen als der Preis von Holz und industriellen Produkten, die auf den Wald zurueckzuführen sind, je sein kann.” (karelisches Forstwirtschaftskomitee im September 2007)
Zusammenarbeit mit der Industrie
Im Juni 2008 wurde von den Pächtern Karellesprom und Myezerskiy Lespromhoz sowie der NGO “SPOK” ein Vertrag über die geplanten Naturschutzgebiete “Yangozersky” und “Spokoiny” unterschrieben. Es ging dabei um den Schutz einer Fläche von mehr als 50 000 Hektar intakter Urwaldlandschaft in Karelien. Jener Teil der letzten großen Urwaldgebiete in ganz Europa wurde für schützenswert erklärt .
In Deutschland wird das Holz verbraucht, das in Karelien abgeholzt wird und in Finnland verarbeitet bzw. nach Deutschland exportiert wird.
Eigentümer und Pächter
Im Moment werden die Pächter, die den der Russischen Föderation gehörenden Wald für 49 Jahre pachten können, und deren Eigentum somit in den geplanten Naturschutzgebieten liegt, in drei Gruppen unterteilt:
- Pächter, die Naturschutzgebiete in ihren gepachteten Gebieten bewahren werden;
- Pächter, die einige der geplanten Naturschutzgebiete akzeptieren oder sich noch immer neutral bezüglich der Klärung jener Frage äußern
- und Pächter, die keine Naturschutzgebiete auf ihren Gebieten anerkennen werden.
Leider bildet die letzte Gruppe den größten Anteil.
Stadtwald in Petrozawodsk
Ab dem 01.Januar 2007 befinden sich alle auf dem Territorium der Städte befindlichen Wälder Russlands in kommunaler Hand. Somit entstand bezüglich der Stadtwälder ein “rechtliches Vakuum”. Auch in jenen Wäldern befinden sich Arten der Roten Liste der russischen Föderation und der Republik Karelien. Der enge Gürtel der biologischen Vielfalt der vorrangigen Nadelwaelder zieht sich so um das städtische Gebiet. “SPOK” schrieb in einem offenen Brief an den zukünftigen Bürgermeister, dass sich jener sofort nach Amtsantritt für die Anpflanzung neuer Bäume, für eine nachhaltige Forstwirtschaft und gegen unbedachte Abrodungen einsetzen soll.
Weiterführende Links in englischer Sprache: http://forest.ru/eng/basics/
Quellen:
Internet:
- SPOK Webseite
- forest.ru/eng/
- idanmetieto.info (METLA)
- greenpeace.org/russia/en/campaigns/forest
Literatur:
- METLA : “Atlas of the forest sector in Northwest Russia 2009″, Autor: Yuri Gerasimov, Sari Karvinen, Timo Leinonen
- METLA: “The Analysis of Wood Harvesting Restrictions in Conservation Areas and Old-Growth Forests of the Republic of Karelia”, Autor: Yuri Gerasimov, Alexander Markovsky, Natalia Markovskaya, Petr Lapshin
weitere Quellen:
- Power Point Presentation (A.Markovsky)
- SPOK : allgemeine Informationen in englischer und russischer Sprache; Prospect (Taiga Rescue Network Conference 2008))